Stadtneurotiker, innen
Sind wir nicht alle Stadtneurotikerinnen? Und Stadtneurotiker, zumindest tief drinnen? Heute gehen auch psychisch Gesunde in Psychotherapie. So »normal« kann jemand gar nicht sein, als dass er nicht dann und wann ein Problem hätte – sei es von außen oder auch von innen kommend.
Das Innenleben hat nun mal sein Eigenleben. Nie konnten wir dies offener aussprechen. Wissend, dass Aussprechen gesund ist und dass erst das Besprechbare zum Lösbaren wird.
Zumindest in der Großstadt ist Neurotiker zu sein akzeptiert und normal. Skepsis wird eher jenen entgegen gebracht, die ihre Gefühle weder zeigen, noch ein Gespräch über sie führen können.
Niemand muss mehr »die Zähne zusammenbeissen«, sobald es ihm eng oder schwer oder düster wird. Wenn es mir nicht gut geht, kann ich mir helfen lassen – genau so, wie es bei einer Reifenpanne, Nackenverspannung oder Rechtsfrage selbstverständlich ist.
Für die Intensität des subjektiven Erleidens einer psychischen Belastung ist deren objektives Gewicht einerlei. Leiden ist sinnlos. Zugleich kann eine neue Sinnperspektive von innerem Leid befreien.
Die Wirklichkeit ist heute so verrückt, dass es verrückt wäre, ganz normal sein zu wollen.
Woher kommt der Begriff »Stadtneurotiker« und was bedeutet er?